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12. Mai 2023
Stellungnahme zur MIZ-Berufsmusikstudie
Der Vorstand des DTKV Berlin hat die am 18.04.2023 vorgestellte Studie Professionelles Musizieren in Deutschland des MIZ mit großem Interesse zur Kenntnis genommen und begrüßt die dadurch bewirkte Verbesserung der Datenlage.
Die Erfahrungen und Lebensrealitäten vieler unserer Verbandsmitglieder werden durch die Ergebnisse der Studie des Musikinformationszentrums (MIZ) zum großen Teil zutreffend abgebildet. Insbesondere bestätigt sich der Eindruck, dass freie Musiker*innen im Vergleich zu Musiker*innen in Anstellungsverhältnissen deutlich schlechter verdienen; auch der Deutsche Musikrat, der Träger des Musikinformationszentrums, gibt diesen Befund in seiner Pressemitteilung zur Studie wieder.
Allerdings lassen die Studienergebnisse im Detail darauf schließen, dass die Gruppe der freischaffenden Musiker*innen unter den Studienteilnehmer*innen unterrepräsentiert ist und die Aussagekraft der Studie für diese Berufsgruppe möglicherweise eingeschränkt ist:
- Das ermittelte durchschnittliche Einkommen Freischaffender (monatlich 2.460 Euro) liegt deutlich höher als in die in anderen einschlägigen Statistiken ermittelten Werte: die Jazzstudie 2022 des Musikinformationszentrums ergab ein monatliches Durchschnittseinkommen von 1.731 Euro; für die KSK-Versicherten der Sparte Musik betrug das monatliche Durchschnittseinkommen im Jahr 2022 nur 1.182 Euro. Dies lässt darauf schließen, dass freie Musiker*innen in prekären Einkommenssituationen unter den Befragten nicht in einer Menge vertreten waren, die ihrem statistischen Anteil unter den Musikschaffenden entspricht.
- Der Anteil der Musiker*innen, die nicht nur künstlerische, sondern auch pädagogische Tätigkeiten ausüben (48 %), wird nicht nach der Art der Erwerbstätigkeit aufgeschlüsselt, so dass der Blick auf den Umstand verstellt wird, dass unter freischaffenden Musiker*innen der Anteil der pädagogisch Tätigen bzw. derjenigen, die aus Lehrtätigkeiten den Hauptteil ihres Einkommens erzielen, deutlich höher ist (Quelle: Die wirtschaftliche und soziale Situation von vollständig oder teilweise freischaffenden Musikpädagog*innen sowie Musiker*innen in NRW, Studie von Heiner Barz, Universität Düsseldorf 2021).
- Die durchschnittliche berufliche Zufriedenheit (82 % der befragten Musiker*innen würden sich heute wieder für den gewählten Beruf entscheiden) widerspricht, insbesondere nach den Herausforderungen der Covid-19-Pandemie, den Erfahrungswerten innerhalb unseres Verbands und dürfte ebenfalls auf eine Unterrepräsentation prekärer Einkommenssituationen unter den befragten Personen zurückzuführen sein.
- Die soziale Zugehörigkeit der Studienteilnehmer*innen ist möglicherweise nicht breitgefächert genug: Werdegänge im Anschluss an eine formalisierte Musikausbildung (Musikschule, Musikstudium) scheinen zu dominieren, während Personen aus Nicht-Bildungshaushalten, autodidaktische Werdegänge und informelle Ausbildungswege weniger stark vertreten sind.
Diese Abweichungen sprechen dafür, dass die Datenbasis der Studie nicht ausreicht, um valide Aussagen für die Einkommenssituation freier Musiker*innen, insbesondere derjenigen, die ohne Einkünfte aus anderen Erwerbstätigkeiten auskommen, zu treffen. Dies birgt die Gefahr von ungünstigen Schlussfolgerungen oder gar einer potentiell negativen politischen Instrumentalisierung: Wenn freie Musiker*innen angeblich im Durchschnitt immerhin 80 % des Einkommens von Musiker*innen in Anstellungsverhältnissen erzielen, kann dies den Anschein erwecken, dass sie sich größtenteils nicht in prekären Situationen befinden und kein akuter Handlungsbedarf besteht. Dies wäre – bei allen wertvollen Befunden und Schlussfolgerungen, die die Studie erlaubt – eine unzutreffende Einschätzung, der wir mit der vorliegenden Stellungnahme vorbeugen möchten, und der auch die vielfältigen politischen Bemühungen der letzten Monate für faire Vergütungen freischaffender Musiker*innen entgegenstehen.
Der Vorstand des DTKV Berlin
» Antwortschreiben des Musikinformationszentrums zur Stellungnahme (vom 02.06.2023)
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